Literaturcafe Kopf

Dietmar Paul

Dietmar Paul, 1949 in Bad Wildungen geboren, lebte von 1955 bis 1986 in Frankfurt/M, seitdem in Rösrath bei Köln. Nach Phasen des Schreibens Ende der 60er, 70er, und Anfang der 80er widmet er sich seit 2007 wieder dem Schreiben als "teilnehmender Beobachter“. Schreiben ist ihm ein Spiegelungsprozess von innerer Wahrnehmung und äußerem Geschehen. Er tut dies in freien Gedichten, Bildern, Satiren und Kurzgeschichten.

Worte 6

Mich hat es getrieben, so hab ich geschrieben Kann anfangen ohne zu bangen
Aus dem Mikrofon kommt ein Ton
Sag einfach „let's go on“

Ich bin ein Tor
Ich schrieb vom schwarzen Mohr
Das ist nicht korrekt
sondern suspekt
Geh raus aus dem Tor.

Wer zu lang tut weilen
muss dann sich beeilen.

Trink die Milch, du Knilch
Sonst fehlt der Welt ein Held
Milch ist gesund.

Die Bürste bürstet
Die Dürste dürstet
nein
Die Bürste bürstet mich
Die Dürste gibt es nicht
Nur Durst.

Unter der Kutte
steckte eine Nutte
Ich fuhr mit dem Kutter
Nahm mit einen Nutter

Kenne keinen Nutter
Schon eher meine Mutter
Fahr lieber mit dem Kutter
Hol für den Affen Futter.

Erst schießen, dann spießen, dann speisen
Arme Wildsau.

Bist schon weg auf dem Weg oder nur weg?

Arm und warm?
Eher reich und warm oder arm und kalt
auf kalt passt nur halt
reich passt auf weich
arm passt auf lahm oder leeren Darm
Mit Geld steht und fällt die Welt
Ohne Geld keine Gier?
Doch auch arm und leerer Darm
Bringt die Gier nach warm.

Kerker tief unten hat keinen Erker
Auch Erker ist Kerker , wenn nur Erker
Kerker bleibt Kerker, auch mit Erker
Springst von Erker tief zum Kerker
ist alles vorbei, Kerker und Erker.

Ohne Tatze wär
die Katze keine Katze.
Ohne Tatze der Katze
Wärs mit mit der Maus nicht  aus.

Blickwinkel

Irgendwann verlieren Erinnerungen ihren Wert. Du erinnerst dich guter alter Zeiten, gute Arbeit, die man geleistet hat,einer traumhafte Reise, glücklicher Momente mit einer Frau. Und diese glücklichen Zeiten strahlen aus bis in die Gegenwart, tragen dich weiter auf deiner Reise durchs Leben.
Aber wohin?
Aber nichts ist ewig. So wie du bei einer Wanderung zurückblickst, um zu sehen, wo du herkommst, den Weg zu sehen, den du genommen hast. Du siehst die Höhe, über den du gelaufen bist, den Ort, durch den gelaufen bist, das Bachtal, dem du gefolgt bist. Aber irgendwann ändert sich das Bild, du kommst um eine Biegung, und die Bilder hinter dir sind verschwunden, nach vorne tut sich Neues auf, das Blick und Aufmerksamkeit gefangen hält.
So ist es auch zeitlich, alte Erinnerungen verblassen, schöne, gute oder unangenehme, enttäuschend schlechte gleichermaßen.
Die Seele vergisst, verdrängt ob der Fülle der neuen Erfahrungen,schiebt ältere Erinnerung nach hinten in verstecktere Winkel des Gehirns.
Wenn man sich von negativen Erinnerungen lösen kann, ist das oft befreiend. Aber auch gute, schöne Erinnerungen können verblassen. Dir wird plötzlich klar, dass die guten, alten Zeiten und Erinnerungen dir in der Gegenwart nicht mehr weiterhelfen, dass eine langjährige Freundschaft mit vielen gemeinsamen Erlebnissen und Gesprächen dir nichts mehr sagt, es ist ausgeredet.
Räumlich gesehen lässt es sich ausmisten. Alte Möbel, Bücher, Kleider, Bilder kommen in den Keller oder auf den Dachboden, bevor sie weitergegeben oder entsorgt werden. Dazu sind Keller und Dachboden da, neben Vorräten, Werkzeuge, Heizung auch immer ein Ort der Vergangenheit. Dann finde ich es immer wieder erstaunlich, wie viele Häuser oder Wohnungen ohne Keller angeboten werden.
Haus, Wohnung als Ort der Gegenwart, haben diese Leute, die ohne Keller leben können, keine Vergangenheit?